Forscher warnen vor einer tropischen Zeckenart, die 2018 in Österreich und Deutschland erstmals in größerer Anzahl entdeckt worden ist. Im Unterschied zu den heimischen Arten ist der Parasit aus Übersee deutlich größer und kann unter anderem das gefährliche Zecken-Fleckfieber übertragen.
Als Grund für die Ausbreitung sehen Wissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart die immer wärmer werdenden Sommer hierzulande. In Deutschland wurden im Sommer 2018 zum ersten Mal mehr als 30 Exemplare der Gattung Hyalomma gefunden, seitdem breiten sich die Parasiten stetig aus.
Die subtropische Zeckenart ist nicht nur deutlich größer, sondern auch an ihren auffallend gestreiften Beinen zu erkennen. Gefunden wurde Hyalomma vor allem im norddeutschen Osnabrück, im Raum Hannover und in der Wetterau. Die Forscher vermuten, dass sie über Vogelzüge nach Deutschland eingeschleppt werden.
Infektion mit multiresistentem Keim
Als Wirte dienten den eingewanderten Parasiten bislang ausschließlich Pferde und Schafe. Allerdings ist auch der Mensch für diese Zeckenart ein möglicher Wirt.
Normalerweise ist Hyalomma in Asien und Nordafrika sowie dem Mittelmeerraum beheimatet. Alle Hyalomma-Arten gelten als Überträger verschiedener gefährlicher Erkrankungen wie zum Beispiel dem Fleckfieber oder dem Krim-Kongofieber.
Aufschluss darüber, ob die riesige Zecke auch Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) überträgt, gibt es noch nicht. FSME ist eine Viruserkrankung, die vor allem eine Hirnhautentzündung hervorrufen kann.
Auch andere neue Arten entdeckt
Wärmere Sommer und mildere Winter lassen die Zeckenpopulation in Deutschland seit Jahren ansteigen.
Die in Deutschland geläufigste Zeckenart, der gemeine Holzbock, überträgt normalerweise Borreliose und FSME.
Neben Hyalomma haben Wissenschaftler in den vergangenen Jahren auch andere neue Arten gefunden. Dabei handelt es sich um die Art Xodes inopinatus, die normalerweise im Mittelmeerraum beheimatet ist sowie die ebenfalls eingewanderte Auwaldzecke.
Welche Krankheiten Parasiten dieser Gattungen beim Menschen hervorrufen können, ist noch nicht vollständig geklärt und lässt sich außerdem schwer einschätzen. In Auwaldzecken wurden jedoch bereits FSME-Viren gefunden.
Bis zu 500 FSME-Fälle pro Jahr
Nach Angaben der Stuttgarter Wissenschaftler sind beispielsweise im Jahr 2018 knapp 600 FSME-Infektionen nachgewiesen worden. Seit Beginn der Meldepflicht im Jahr 2001 sei dies bislang der höchste Stand in einem Jahr.
Generell bewegt sich die Zahl der diagnostizierten FSME-Fälle im Durchschnitt pro Jahr zwischen 250 und 500 Fällen. Rund 85 Prozent der Infektionen werden in Bayern und Baden-Württemberg nachgewiesen.
In den letzten Jahren nennt das Robert-Koch-Institut (RKI) fünf neue FSME-Risikogebiete für Deutschland, darunter mit dem Emsland zum ersten Mal einen Landkreis im Norden Deutschlands.
FSME nun auch im Norden
Überhaupt, befürchten die Stuttgarter Forscher, breiten sich die Parasiten Richtung Norden aus: Infektionen mit FSME wurden nun auch in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin nachgewiesen.
Ein zuverlässiger Schutz vor FSME ist die Impfung, die jedoch nicht gegen Borreliose hilft. Borreliose wird durch Bakterien übertragen und kann Gelenke und Nervensystem schädigen.
Mehrere Universitäten aus Deutschland und Österreich wollen jetzt mit zwei Forschungsprojekten versuchen, den neuen Zeckenarten auf die Spur zu kommen. Die Ergebnisse schließlich sollen über Veränderungen der Zecken-Situation in Deutschland Auskunft geben können, um daraus neue Hot-Spots ableiten zu können.
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