Depression ist eine weit verbreitete psychische Erkrankung, deren Heilung sehr langwierig und schwer sein kann, zudem kann es bei vielen Patienten leicht zu einem Rückfall kommen. Das Medikament Ketamin, das in erster Linie als Beruhigungsmittel bekannt ist, soll nach Meinung einiger Mediziner in manchen Fällen wahre Wunder wirken und Depressionen innerhalb von Tagen oder sogar Stunden verschwinden lassen können. Das klingt eigentlich zu schön, um wahr zu sein – ist es das auch?
Ketamin wird bereits zur Behandlung von Depressionen eingesetzt
Schon seit einiger Zeit verordnen Ärzte in Deutschland Ketamin in Form von Infusionen als Mittel gegen Depressionen. In den USA wird das Mittel in leicht abgewandelter Form nun auch in Form eines Nasensprays zur Behandlung der Krankheit eingesetzt. In Europa ist dieses Medikament zwar noch nicht zugelassen, der Prozess, um es hier auf dem Markt zu bringen, läuft allerdings bereits.
Völlig neuer Wirkansatz mit vielfältigen Möglichkeiten
Ketamin verfolgt einen komplett unterschiedlichen Wirkansatz die Antidepressiva, die momentan standardmäßig eingesetzt werden – hierzu zählen vor allem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), die dafür sorgen, dass der Serotonin-Spiegel, der für Glücksgefühle verantwortlich ist, erhöht wird. In der Regel lassen sich Depressionen auf diese Art und Weise auch sehr gut behandeln, jedoch nicht bei allen Patienten – bei etwa jedem dritten Patienten bleibt der gewünschte Effekt aus. Für genau diese Personen gibt der neue Behandlungsansatz mit Ketamin Grund zur Hoffnung, denn er verfolgt einen anderen Ansatz: Ketamin blockiert die Rezeptoren für Glutamat im Gehirn – das sorgt dafür, dass der Erregungszustand, in dem sich die meisten depressiven Personen dauerhaft befinden, abgedämpft wird.
Kein Grund zu verfrühter Euphorie
Zu früh freuen sollte man sich dennoch nicht – es ist zwar durchaus möglich, dass das Medikament sich für manche Patienten als äußerst wirksam erweist, dennoch konnten sich die zunächst sehr guten Studienergebnisse in weiterführenden Untersuchungen oft nicht bestätigen lassen. Zudem wirkt auch Ketamin nicht bei jedem, nur etwa jede zweite oder dritte Person, der die klassischen Therapieansätze bislang nicht helfen konnten, reagieren wie erhofft auf das Mittel.
Bei den etablierten Antidepressiva setzt die Wirkung in den meisten Fällen erst nach einigen Wochen kontinuierlicher Einnahme ein, Ketamin hingegen wirkt sehr schnell – bisher ist jedoch nicht bekannt, ob die Wirkung auch über einen längeren Zeitraum anhält, außerdem gibt es noch keine belastbaren Daten zu möglichen Langzeitschäden. Bekannt ist hingegen, dass die Gefahr eines Rückfalls relativ hoch ist.
Missbrauch von Ketamin als Droge
Ein weiterer großer Nachteil von Ketamin: Im Gegensatz zu Serotonin-Wiederaufnahmehemmern hat das Medikament ein hohes Suchtpotenzial und ist auch unter dem Namen „Special-K“ als Partydroge bekannt. Aus diesem Grund wird Ketamin-Nasenspray Patienten in den USA auch nicht mit nach Hause gegeben, sondern darf nur zwei bis drei Mal wöchentlich unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Danach stehen die Patienten für mindestens zwei Stunden unter Beobachtung, da der Wirkstoff bewusstseinsverändernde Zustände auslösen kann, weshalb die Patienten auch nach der Einnahme z. B. nicht Auto fahren oder andere potentiell gefährliche Tätigkeiten ausüben dürfen.
Dennoch bleibt Ketamin für manche Menschen, die unter Depressionen leiden und bei denen klassische Antidepressiva nicht wirken, ein echtes Geschenk und es bleibt zu hoffen, dass die Behandlung mit diesem Mittel so weiterentwickelt wird, dass in Zukunft noch mehr Menschen davon profitieren können.
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