Juli 2019 Lesezeit 4 Minuten


Genomanalyse bei Depression entlarvt 30 neue Genvarianten 

Depressionen gehören in der Medizin zu einer der größten Herausforderungen. Therapieansätze gibt es viele, nur helfen sie nicht allen Erkrankten. Depressionen sind mit viel Leid verbunden und ziehen häufig große Einschränkungen für die Betroffenen nach sich. Die genauen Ursachen sind noch nicht ausreichend untersucht.

Mann mit Depression sitzt in sich zusammengesunken vor einem Fenster

Forscher sind schon lange auf der Suche nach der Ursache von Depressionen. Nun untersuchte eine Gruppe von Wissenschaftlern das menschliche Genom auf etwaige Zusammenhänge.

Innere und äußere Einflüsse

Bekannt ist, dass die Gründe für den Ausbruch einer Depression sowohl in äußeren Einflüssen als auch in genetischen Faktoren liegen. Das bedeutet, dass diese schwerwiegende Erkrankung auch vererbt werden kann. Allerdings ist es für Mediziner schwierig und mit großen Aufwand verbunden, diese genetische Komponente nachweisen zu können.

Aussagekräftige Studie

Weil sehr viele Mechanismen im Gehirn an der Entstehung von Depressionen beteiligt sind  und im Vergleich dazu relativ wenig Gene, muss eine aussagekräftige Studie entsprechend groß angelegt sein. Um der genetischen Beteiligung auf die Spur zu kommen, wurde in einer weltweiten Untersuchung Datenmaterial von 135000 Erkrankten und 344000 gesunden Kontrollpersonen gesammelt und analysiert. In Deutschland waren Wissenschaftler und Forscher  aus Bonn, München, Greifswald, Münster und Mannheim an dieser Untersuchung beteiligt. Insgesamt dauerte die Studie zehn Jahre.

Riesenschritt in die richtige Richtung

Dabei ermittelten die internationalen Teams 44 Stellen auf dem menschlichen Genom („Loci“), die mit schweren Depressionen in Zusammenhang stehen. 14 dieser Loci waren den Wissenschaftlern aus anderen Studien bereits bekannt, die restlichen 30 konnten erst im Verlauf der Studie identifiziert werden. Für die Wissenschaftler ein Riesenschritt in die richtige Richtung, denn jedes ermittelte Gen könne helfen, zur Aufklärung der Erkrankung beizutragen, heißt es.

Bessere Wirksamkeit von Medikamenten

Die Humangenetiker erhoffen sich mit weiteren Untersuchungen Kenntnisse über die biologischen Mechanismen, die zum Ausbruch von Depressionen führen. Dabei wird es darum gehen, die genetischen Grundlagen der Krankheit intensiver zu erforschen und außerdem darum, auf der Basis neuer Erkenntnisse Medikamente in ihrer Wirksamkeit verbessern zu können.

Risikofaktoren im Erbgut

Mit der Studie konnte außerdem nachgewiesen werden, dass das Erbgut jedes Menschen Risikofaktoren für die Entstehung einer Depression aufweist. Durch äußere Einflüsse kann die Krankheit zum Ausbruch kommen. Die Studie hat außerdem Zusammenhänge zwischen der genetischen Grundlage für Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen ergeben, wie etwa die  Bipolare Störung und die Schizophrenie. Ebenso zeigte sich, dass es offenbar  Übereinstimmungen mit der genetischen Grundlage für Schlaflosigkeit, starkem Übergewicht und Tagesmüdigkeit  gibt.

322 Millionen Depressionskranke

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt die Zahl der Depression-Kranken auf rund 322 Millionen weltweit. Dabei geht die WHO  von einem Anstieg um 18 Prozent in dem Zeitraum von 2008 bis 2018 aus. Mehr als jeder vierte leidet demnach an dieser Erkrankung, in Deutschland sollen es laut WHO rund 4 Millionen sein. Besonders die Lebensqualität ist durch Depressionen häufig stark eingeschränkt. Die Beschwerden sind vielfältig und werden in ihrem Ausmaß oftmals als fundamentaler gewertet als chronische Erkrankungen des Körpers. 

Weitere Untersuchungen

Die weitere Arbeit der Wissenschaftler sieht unter anderem vor, depressiv Erkrankte zu ermitteln, bei denen sich die Ursachen ähneln und diese in Gruppen zusammenzufassen. Durch intensive Untersuchungen können dadurch weitere Schlüsse für die Entstehung von Depressionen auf genetischer Ebene abgeleitet werden.  Die Studie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt. An der Studie sind über 200 Forscher aus 161 Institutionen beteiligt, die sich zum „Psychiatric Genomics Consortium“ zusammengeschlossen haben.

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