Bei Operationen am offenen Herzen kann es sehr leicht zu Blutungen kommen, die für Chirurgen und Ärzte nur sehr schwer in den Griff zu bekommen sind – der Grund dafür ist, dass das Herz weiter pumpt, während versucht wird, Wunden zu schließen. Die Instrumente rutschen sehr leicht am blutenden Gewebe ab, Nähen und Klammern setzen kann sehr schwierig werden. Dies kann für Patienten zu lebensbedrohlichen Situationen führen.
Neues Hydrogel kann Wunden verschließen
Chinesische Forscher um den Studienleiter Yi Hong haben nun ein neues Verfahren entwickelt, mit dem man das Problem der unkontrollierten Blutungen während Herzoperationen in den Griff bekommen könnte: Sie haben ein Hydrogel entwickelt, das in Bestandteilen und Struktur der körpereigenen extrazellulären Matrix ähnelt. Diese Masse ist normalerweise in den Zellzwischenräumen des menschlichen Gewebes zu finden und besteht unter anderem aus Hyaluronsäure, Kollagen und Wasser.
Wie funktioniert das neuartige Hydrogel?
In der Vergangenheit wurden in der Medizin schon öfters Hydrogele getestet – diese hafteten zwar gut auf nassem Gewebe, allerdings haben sie sich zu langsam verhärtet, waren unelastisch oder sogar giftig. Diese Probleme treten bei dem Klebstoff der chinesischen Wissenschaftler nicht auf: Er besteht aus einem Hyaluronsäure-Butanamiden-Komplex sowie einer speziellen Gelatine und vernetzt sich sehr schnell mit dem Gewebe, auf das er aufgetragen wird, sobald er mit UV-Licht bestrahlt wird. Auf diese Weise ist ein sicherer Wundverschluss möglich.
Tierversuch: Test am schlagenden Herzen
Dass ihr Kleber funktioniert, haben die Forscher schon bei einer Operation an einem schlagenden Schweineherz gezeigt. In einer Aufnahme ist zu sehen, wie das pulsierende Herz mit einer Stanze perforiert wird und ein Loch von sechs Millimetern entsteht, aus dem sofort Blut hervordringt. Im Anschluss tragen die Forscher das neu entwickelte Gel auf die verletzte Stelle auf und bestrahlen es mit UV-Licht – nach ca. 20 Sekunden ist die Blutung komplett gestoppt. Die Prozedur wird vier Mal wiederholt.
Auch zwei Wochen nach dem Versuch war die Wunde noch ausreichend abgedichtet. Ein EKG, das bei den insgesamt drei behandelten Schweinen durchgeführt wurde, zeigte keine Abnormalitäten, auch Blutgerinnsel blieben aus.
Bei Versuchen mit Kaninchen wurden erfolgreich Blutungen an verletzten Arterien und an der Leber gestoppt.
In vorangehenden Tests haben die Forscher zudem gezeigt, dass das Hydrogel auch einem Blutdruck von bis zu 290 mmHg standhält – ein Wert, der den durchschnittlichen Blutdruck während Operationen deutlich übersteigt.
Ist das Hydrogel schon für Behandlungen am Menschen zugelassen?
Nein, bisher ist das nicht der Fall, da zunächst noch weitere mögliche Risiken ausgeschlossen werden müssen. Die Verknüpfung von Molekülen ist in der Medizin kein komplett neues Verfahren – lichtinduzierte Polymerisation findet zum Beispiel bereits breite Anwendung in der Zahnmedizin.
Bevor der neue Klebstoff jedoch bei Operationen eingesetzt werden kann, müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden, bei denen unter anderem herausgefunden werden muss, wie lange der Wundverschluss anhält und ob es noch andere, bisher unentdeckte Risiken gibt.
Sollten die Untersuchungen positiv ausfallen, könnte das neuartige Mittel schon bald in den Operationssälen von Krankenhäusern zum Einsatz kommen. Dies würde die Arbeit von Chirurgen deutlich vereinfachen und vielen Patienten das Leben retten.