Was zählt zur Digitalisierung im Patientenwesen?
Schritt für Schritt werden heutzutage Patientenakten in digitale Systeme aufgenommen, Medikationspläne digital gespeichert und die Kommunikation von Arzt zu Arzt digitalisiert. Aktuell gilt der digitale Impfnachweis als Eintrittskarte für viele Veranstaltungen, Restaurantbesuche oder den Flug in den Urlaub.
All diese Aspekte könnte man unter dem Stichwort digitale Gesundheit zusammenfassen. Während in Deutschland gerade in Zeiten der Pandemie die Lücken der Digitalisierung sichtbar wurden, bewegt sich das Gesundheitswesen inzwischen konsequent weg von altmodischen Patientenakten, die in Ordnern verstauben und der Briefkommunikation von Facharzt zu Facharzt.
Sicherlich musstest du bei einem deiner letzten Arztbesuche auch ein Formular zur elektronischen Datenerfassung und gegebenenfalls Weiterleitung unterschreiben. Die Gesetzgebung steht stetig vor neuen Entscheidungen bezüglich der Gewährleistung des Datenschutzes in diesem Bereich, die aufgewogen werden muss mit dem entstandenen Nutzen, den digitalisierte Patientenakten mit sich bringen.
Die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt, so wird im Rahmen der Masernimpfpflicht auch hier über einen universellen digitalen Impfnachweis diskutiert, der das gelbe Heft überflüssig machen und das Reisen innerhalb der EU deutlich erleichtern soll.
Die Kommunikation zwischen Fachärzten und Hausärzten könnte deutlich erleichtert werden, wenn Befunde schnell und unkompliziert digital übermittelt werden, statt per Postsendung beim behandelnden Arzt einzutreffen.
All diese Innovationen möchten wir dir in diesem Artikel vorstellen, sodass du dir einen guten Überblick über die digitale Zukunft verschaffen kannst. Dabei wird nicht vergessen, die Vor- und Nachteile der neuen Systeme auch kritisch zu beleuchten. Am Ende entscheidet jeder Patient und jede Patientin selbst, wie viel Nutzen er oder sie aus der elektronischen Datenerfassung ziehen möchte.
Digitale Gesundheit - Was ist alles möglich?
Die Sprechstunde von Zuhause aus
Videosprechstunden werden immer beliebter. Sie lassen sich minutengenau timen, bequem von zuhause aus durchführen und klären gerade kleinere Beschwerden sofort an Ort und Stelle.
Viele Ärztinnen und Ärzte bieten inzwischen Videosprechstunden an. Damit verhindern Patientinnen und Patienten, dass sie sich im Wartezimmer infizieren und häufig handelt es sich um wenig umfangreiche Fragestellungen, die in wenigen Minuten geklärt werden können und wofür es sich nicht lohnt, lange zu warten.
Gerade Patientinnen und Patienten, die nicht so mobil sind, profitieren von der Videosprechstunde von Zuhause aus.
Doch wie läuft eine solche Sprechstunde ab?
Videosprechstunden werden von Hausärztinnen und Hausärzten angeboten, aber auch von Online-Agenturen, die sich auf die digitale Betreuung von Patienten spezialisiert haben.
Du vereinbarst in der Regel online oder telefonisch einen Termin und erhältst meist einen Link oder Zugangsdaten zum Videomeeting, sobald der Zeitpunkt gekommen ist.
Dann kannst du deine Fragen stellen oder deine Beschwerden schildern. Der behandelnde Arzt wird dann entscheiden, ob die Fragestellung ausreichend via Videokonferenz geklärt werden kann oder ob gegebenenfalls doch eine persönliche Vorstellung erforderlich ist.
Bei kleineren Beschwerden kann direkt ein entsprechendes Rezept ausgestellt werden, das auf Wunsch an die Online-Apotheke weitergeleitet oder dem Gegenüber zugeschickt wird.
Alles in allem handelt es sich um ein kurzes und unkompliziertes Prozedere, das sicherlich viele Vorteile mit sich bringt.
Allerdings kann eine digitale Sprechstunde nur bedingt den tatsächlichen Besuch beim Arzt ersetzen. Behandlungen wie Impfungen, Einrenken, Röntgen und Ähnliches sind natürlich nicht online möglich und erfordern ein persönliches Vorsprechen.
Elektronische Patientenakten
Viele werden sich noch erinnern, wie der Arzt mit dem Aktenblatt in die Sprechstunde kam und sämtliche Befunde handschriftlich notierte. Wenn eine Kommunikation mit anderen Arztpraxen stattfinden sollte, mussten diese dann gefaxt oder per Post versandt werden. Seit 2021 stellen Krankenkassen nun die elektronische Patientenakte zur Verfügung. Sie soll ein einheitliches System bereitstellen, in dem alle relevanten Daten über einen Patienten erfasst werden. Dazu gehören Medikation, erfolgte Behandlungen, Vorerkrankungen, Befunde und Ähnliches. Auf diese Akte haben dann nach Zustimmung alle behandelnden Praxen Zugriff und eine Kommunikation kann schnell und unkompliziert erfolgen.
Die elektronischen Patientenakten sollen nun schrittweise flächendeckend eingeführt werden und die digitale Zukunft der Patientenversorgung gewährleisten und erleichtern.
Entsprechende Zustimmungsformulare hält in der Regel der behandelnde Arzt bereit. Zum Teil erbitten auch Krankenkassen die Zustimmung für die Einsicht in die elektronischen Akten.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ohne Papierkram?
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ersetzt die bisherige AU in Papierform. Sie soll die Weiterleitung von Daten an die Krankenkassen beschleunigen und die manuellen Verfahren durch Patientinnen und Patienten ersetzen.
Dabei werden alle relevanten Daten durch den behandelnden Arzt erfasst und direkt weitergeleitet. Dies kann dann auch zur Weiterleitung an den Arbeitgeber genutzt werden. So spart man sich lästigen Papierkram und umgeht möglicherweise Lohnausfälle.
Das elektronische Rezept
Elektronische Rezepte werden inzwischen von vielen Ärzten angeboten, die auch Videosprechstunden anbieten. Aber auch Online-Sprechstunden durch Unternehmen stellen im Anschluss ein digitales Rezept aus. So wird der Arztbesuch vermieden und Patienten, gerade solche, die dauerhaft auf Medikation angewiesen sind, kommen schneller an ihr Rezept.
So soll eine lückenlose Versorgung gewährleistet werden. Darüber hinaus kann ein elektronisches Rezept häufig auch direkt an die gewünschte örtliche Apotheke oder an die Versandapotheke weitergeleitet werden. Das Medikament wird dann zur Abholung bereitgestellt und weitere Wartezeiten vermieden.
Neu: der digitale Impfpass
Digitale Impfnachweise sind vor allem in der Coronapandemie in die Diskussion gekommen. Sie vereinfachen den Nachweis einer Impfung und können nicht so leicht gefälscht werden. Außerdem erleichtern sie die internationale Kommunikation, indem ein einheitliches System zur Erfassung der vorhandenen Impfungen eingeführt wird.
Bisweilen gibt es den Nachweis in Deutschland lediglich für die Coronaimpfung. In einem QR-Code ist gespeichert, wann die Impfung mit welchem Impfstoff erfolgt ist und seit wann der Impfstatus vollständig ist. Der Code wird von der entsprechenden Behörde, dem Restaurant oder der Grenzkontrolle gescannt und somit können die Daten schnell und einfach erfasst werden.
Bisher wurden Impfungen manuell in den gelben Impfpass eingetragen. Dies hat sich aber auch als unvorteilhaft herausgestellt, da dieser häufig verloren ging, Impfungen nicht vollständig erfasst wurden und er auch nicht fälschungssicher ist.
Es wird derzeit diskutiert, ob die Einführung eines umfassenden digitalen Impfpasses sinnvoll und datenschutzrechtlich vertretbar ist. So könnten zukünftig auch andere Impfungen wie die Masernimpfung, die inzwischen in Schulen und Kindergärten Pflicht ist, erfasst werden. Bei Reisen könnten solche standardisierten Erfassungsmethoden ebenfalls von Vorteil sein.
Es wird nach einer Lösung gesucht, um nicht den Datenschutz der Patientinnen und Patienten zu gefährden und eine Impfpflicht durch die Hintertür auszuschließen.
Bessere Übersicht über die eigene Medikation: elektronische Medikamentenpläne
Einige Menschen sind auf dauerhafte Medikation angewiesen. Das bedeutet auch, dass sie über einen Medikamentenplan verfügen, der dauerhaft kontrolliert und aktualisiert werden muss.
Dabei ist ein bundeseinheitliches Vorgehen geregelt. Freiwillig kann dieser Medikamentenplan neuerdings auch auf der Gesundheitskarte in Form eines elektronischen Medikationsplans (eMP) gespeichert werden.
Dies hat viele Vorteile: Muss eine Patientin oder ein Patient ins Krankenhaus, können schnell alle wichtigen Medikamente geprüft und Wechselwirkungen und Komplikationen vermieden werden.
Auch bei einem Arztwechsel oder einer Neuverschreibung muss nicht jedes Mal das Papier-Dokument mitgebracht werden. Jede Ärztin und jeder Arzt, der Einsicht in den Medikationsplan benötigt, kann diese auch bekommen.
Durch das bundeseinheitliche Vorgehen sind Arztwechsel kein Problem und der Plan kann von jeder Organisation verstanden und sachgerecht bearbeitet werden.
Notfalldatenmanagement digital
Ähnlich wie der digitale Medikationsplan können auch die Notfalldaten einer Patientin oder eines Patienten auf Wunsch digital erfasst werden.
Die sogenannte Auskunft über die Notfalldaten eines Patienten oder einer Patientin enthält Informationen über Allergien und Unverträglichkeiten, Vorerkrankungen und Notfallmedikation, etwa bei Anfallsleiden oder Asthmaerkrankungen.
Das Notfalldatenblatt rettet Leben und muss bei Bedarf immer mitgeführt werden. Die zusätzliche elektronische Erfassung auf der Gesundheitskarte ist bundeseinheitlich geregelt und erleichtert das Auslesen der Daten.
Darüber hinaus sind bei einer ungeplanten Einlieferung ins Krankenhaus oder in Notfallsituationen alle relevanten Daten schnell griffbereit.
Noch handelt es sich um eine freiwillige Zusatzoption für Patientinnen und Patienten. Es ist jedoch in vielen Fällen ratsam, das Notfalldatenblatt auf der Gesundheitskarte speichern zu lassen.
Welche Vorteile bringt die digitale Speicherung von Patientendaten?
Wie schon in Ansätzen klar wurde, bringt die digitale Speicherung von Patientendaten viele Erleichterungen und Verbesserungen mit sich. Länder, die Deutschland in dieser Beziehung weiter voraus sind, profitieren seit Jahren von derartigen Innovationen.
Die Kommunikation unter Ärzten wird deutlich erleichtert. So können Befunde direkt an eine entsprechende Facharztpraxis weitergeleitet werden und diese wiederum kann entworfene Behandlungspläne wieder an den zuständigen Hausarzt zurücksenden, der die Weiterversorgung der Patientinnen und Patienten übernimmt.
Die Gefahr, dass wichtige Daten verloren gehen, ist wesentlich geringer und so wird die Arbeit der Mediziner standardisiert, besser überwachbar und auch wesentlich effizienter. Wohnortwechsel und damit verbundene Wechsel des Hausarztes stellen fortan kein Problem mehr dar, Daten können quasi in Echtzeit übertragen werden.
Die bisherige Patientengeschichte ist sofort und für jeden, der diese benötigt, einsehbar. Behandlungsfehler aufgrund einer zu geringen Datenlage werden so deutlich unwahrscheinlicher.
Eine Aktualisierung der Daten erfolgt schnell und Systeme werden bestenfalls deutschlandweit ständig gewartet und verbessert. Interne Neuerungen, die die Arbeit für Außenstehende verwirrend machen, gehören so der Vergangenheit an.
Gerade Dokumente wie der digitale Impfnachweis bieten zusätzlich den Vorteil, dass sie auch international flexibel machen und für internationale Behörden lesbar sind. Die EU weite Reise wird so verbessert und deutlich erleichtert.
Zuletzt gibt es durch die digitale Patientendatenerfassung auch die Möglichkeit, die Forschung voranzutreiben. Mussten bisher stets manuelle Befragungen bei den jeweiligen Ärztinnen und Ärzten erfolgen, kann jetzt eine anonymisierte Weiterleitung von Befunden, etwa über den Impfstatus der Patientinnen und Patienten, erfolgen, die Forschung und Statistiken verlässlicher und effizienter machen.
All diese Vorteile sind sicher nicht von der Hand zu weisen und werden unseren zukünftigen Alltag betreffen und vermutlich auch erleichtern.
Mit welchen Risiken muss gerechnet werden, wenn zukünftig alles digital erfasst wird?
Viele Menschen befürchten, dass durch die Digitalisierung von Patientendaten auch höhere Sicherheitslücken zu Tage treten, hierbei stehen z. B. digitale Überwachung oder das Hacking von Daten im Raum.
Dabei muss man sich bewusst machen, dass auch die bisherige Art, mit Akten umzugehen, nicht vollständig risikofrei war. Daten konnten verloren gehen, in die Hände von Dritten geraten oder versehentlich an falsche Personen weitergegeben werden.
Dennoch sind nicht alle Befürchtungen unberechtigt.
Digitale Datenbanken laufen immer Gefahr, gehackt zu werden. Daher arbeiten Krankenkassen, aber auch die Regierung daran, diese möglichst sicher zu gestalten und Hackerangriffen keine Angriffsfläche zu bieten.
Ärzte verlassen sich in der Regel auf einheitliche und offizielle Programme, die höchsten Sicherheitsstandards genügen.
Weiterhin steht die Sorge im Raum, Krankenkassen könnten nun leichter auf die erfassten Daten zugreifen und dementsprechend Beiträge erhöhen oder die Versicherung ablehnen. Diese Bedenken wurden bereits im Ethikrat diskutiert und es soll auch künftig dafür gesorgt werden, dass Krankenkassen nur auf die für sie wirklich notwendigen Daten zugreifen können, um die Integrität ihrer Kundinnen und Kunden nicht zu verletzen.
Ein persönliches Risiko gehen Personen ein, die sich auf die Dienste von Online-Anbietern verlassen. Achte besonders darauf, bei welchem Unternehmen du eine Videosprechstunde buchst oder welchen Anbietern du dein Rezept zukommen lässt.
Nicht alle Anbieter sind seriös und viele auch nur auf den reinen Profit ausgelegt. Es kann zu Datendiebstahl kommen oder deine Daten können bei Drittanbietern landen.
Wenn du dir sicher sein möchtest, welche Dienstleistungen seriös und verlässlich sind, solltest du Rücksprache mit deinem Arzt oder deiner Ärztin halten. Nur dann kannst du wissen, ob deine Daten online sicher sind.
Die vorhandenen Sicherheitsrisiken sind also tatsächlich real und den Verantwortlichen auch bewusst. Es wird daran gearbeitet, das Risiko so klein wie möglich zu halten, um die größtmöglichen Vorteile aus den digitalisierten Patientendaten zu gewinnen.
Auch du selbst trägst Verantwortung, an wen du deine Daten weitergibst und solltest stets Rücksprache mit dem Arzt deines Vertrauens halten.
Was kann jetzt schon genutzt werden – und was kommt in Zukunft?
Viele digitale Erweiterungen wurden erst in den letzten Jahren eingeführt und sind noch in der Erprobungsphase. Patientinnen und Patienten können sich aber künftig über viele Erleichterungen im digitalen Gesundheitsmanagement freuen.
Während der digitale Impfnachweis bereits für die Covid-19 Impfung gilt, steht in der Diskussion, diesen auf weitere Impfungen auszuweiten.
Bisher sind viele digitale Gesundheitsoptionen noch freiwillig, es ist jedoch davon auszugehen, dass Ärztinnen und Ärzte künftig ihre Systeme gänzlich auf die digitale Datenerfassung umstellen werden - einfach, um die Arbeit deutlich zu erleichtern und nicht zu viel wertvolle Zeit mit Bürokratie zu verschwenden.
Es bleibt demnach spannend, welche Innovationen in den nächsten Jahren auf das deutsche Gesundheitssystem zukommen werden und welche Herausforderungen sich hieraus für den Datenschutz und die Transparenz von Datenübertragungen ergeben.
Das Fazit zur digitalen Gesundheit
Alle Aspekte rund um die digitale Gesundheit sind durchaus spannend und facettenreich. Die zahlreichen Vorteile für Patientinnen und Patienten, aber auch für Ärzte sind nicht zu unterschätzen.
Aber auch mögliche Sicherheitsrisiken sollten im Auge behalten werden, wenn es an die Umsetzung geht. Dennoch wird die Zukunft Deutschlands digital sein und das ist auch gut so - schnellere Kommunikation, einheitliche Verfahren, Erleichterungen und Zeitersparnisse sind nur einige Vorteile, die in diesem Artikel beschrieben wurden.
Es lohnt sich also schon jetzt, sich mit den Möglichkeiten und Chancen auseinanderzusetzen.
Einen sehr ausführlichen Überblick über die digitalen Entwicklungen im Gesundheitsbereich sowie die damit verbundenen moralischen Fragen bietet das Buch "Digitalisierung im Gesundheitswesen: Ein kompakter Streifzug durch Recht, Technik und Ethik".