Der Name „Kneipp“ ist den meisten wohl von den sogenannten „Kneipp-Becken“ bekannt, die zum Wassertreten genutzt werden, dem wohl bekanntesten Therapieverfahren der Kneipp-Medizin. Diese ist schon mehr als 150 Jahre alt und hat noch einige weitere Naturheilverfahren zu bieten, die zur Prävention und Behandlung diverser Beschwerden genutzt werden können.
Wer war der Namensgeber und Entwickler der Kneipp-Medizin?
Sebastian Anton Kneipp war ein deutscher Pfarrer, der im Mai 1821 in Stephansried geboren wurde. Als Erwachsener erkrankte er an Tuberkulose – er unternahm einiges, um seine Erkrankung zu heilen, zunächst jedoch ohne großen Erfolg.
Eines Tages stieß er auf ein Buch, das von Johann Siegmund Hahn verfasst wurde und in dem die Heilkräfte von kaltem Wasser beschrieben wurden. Daraufhin begann Kneipp, regelmäßig in der Donau zu baden und verspürte rasch eine deutliche Linderung seiner Beschwerden.
Von seinem Selbstversuch motiviert, begann Kneipp damit, sich nach dem Abschluss seines Theologiestudiums verstärkt verschiedenen Heilmethoden zu widmen – im Fokus stand dabei die Kraft des Wassers.
Innerhalb der nächsten Jahre entstand eine eigene Philosophie, die ein ganzheitliches Gesundheitskonzept für Körper, Geist und Seele beinhaltete, mit dem er bis zu seinem Tod im Jahr 1897 viele tausend Patienten erfolgreich behandelte.
Die fünf Säulen der Gesundheit
Der Grundsatz hinter der Philosophie von Sebastian Kneipp lautete „Vorbeugen ist besser als heilen“ – daher stand die Prävention von Krankheiten immer im Fokus.
Kneipp betrachtete den Menschen ganzheitlich und entwickelte ein Behandlungs- und Gesundheitskonzept, dessen Basis von fünf Säulen gebildet wird:
- Die Heilwirkung des Wassers (Hydrotherapie)
- Eine gesunde Ernährung
- Die Kräfte von Heilkräutern
- In Bewegung bleiben
- Die innere Mitte finden
Im Folgenden werden diese fünf Säulen genauer beschrieben.
Die Hydrotherapie
Die Anwendung von Wasser hat in der Kneipp-Medizin eine besondere Bedeutung – sie beinhaltet über 100 verschiedene Wasseranwendungen, die bis heute eingesetzt werden. Die bekannteste davon ist das sogenannte „Wassertreten“ in kaltem Wasser, das Abwehrkräfte und Kreislauf stärken und den Körper abhärten soll.
Auch Wassergüsse sind nach wie vor sehr beliebt, um die Durchblutung anzuregen und den Körper damit gesund zu halten. Hier gibt es bspw. den Knieguss, der beim Einschlafen helfen soll, den Gesichtsguss, der die Gesichtshaut gesund halten soll oder den Schenkelguss, der gegen Beinbeschwerden eingesetzt wird.
Auch Vollbäder mit verschiedenen Zusätzen (je nach Erkrankung) sind Teil der Therapie.
Gesunde Ernährung für einen gesunden Körper
Die Kneipp-Medizin empfiehlt eine Ernährung, die vor allem unverarbeitete, saisonale Produkte beinhaltet und vorwiegend vegetarisch bzw. vegan ist – tierische Produkte wie Fleisch, Milch oder Eier sollen danach nur gelegentlich verzehrt werden, Obst und Gemüse stehen im Vordergrund.
Auf industriell hergestellte Produkte sollte nach Möglichkeit ganz verzichtet werden.
Die Heilkraft von Pflanzen
Sebastian Kneipp verwendete für seine Therapie vor allem heimische Kräuter, die oftmals vor der eigenen Haustür wachsen. Die Anwendung erfolgt sowohl von außen als auch von innen und hat das Ziel, Störungen im Organismus zu beheben und den Körper zu entschlacken und zu reinigen.
Hierbei kommen vor allem Tee, Kompressen, Wickel und Badezusätze zum Einsatz.
Die Kraft der Bewegung
Bewegung spielt in der Kneipp-Medizin ebenfalls eine zentrale Rolle – dabei geht es nicht um Leistungssport, sondern um regelmäßige Spaziergänge, Wanderungen, Walking, Schwimmsport oder Fahrrad fahren, um den Stoffwechsel anzukurbeln, Muskeln, Sehnen und Gelenke zu stärken und den Körper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen.
Weitere Vorteile sind die Vorbeugung von Übergewicht, eine Stärkung des Immunsystems sowie eine Senkung des Herzinfarkt-Risikos.
Zur inneren Mitte finden
Nach Kneipps Vorstellung müssen sich Körper, Geist und Seele in harmonischer Balance befinden, um so die Basis eines gesunden Lebens zu bilden – gerade in unserer heutigen Hochleistungsgesellschaft ist diese Lehre aktueller denn je.
Dafür sollte man lernen, auf den eigenen Körper zu hören und das Verhältnis von Aktivität und Ruhe stets ausgeglichen zu halten. Ebenso wichtig ist es, dass man sich ein persönliches Lebensziel setzt und dem Alltag einen Sinn verleiht – das Prinzip „Geld gegen Lebenszeit“ in einem Job, in dem man keine persönliche Erfüllung findet, sollte also auf jeden Fall vermieden werden.
Diese Annahmen werden auch von modernen psychologischen Erkenntnissen bestätigt, die Sinnhaftigkeit im eigenen Leben als sehr wichtige Voraussetzung für psychische Widerstandfähigkeit (auch Resilienz genannt) sieht.
Eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen
Die fünf Säulen der Gesundheit nach Sebastian Kneipp bilden ein ganzheitliches Lebens- und Behandlungskonzept, bei dem der Mensch mit seinen individuellen Gewohnheiten, Lebensumständen und individuellen Charakterzügen im Fokus steht und das auch in der heutigen Zeit noch viel Beachtung und Anwendung findet. Es verzichtet auf den Einsatz von starken Medikamenten und Chemie und stellt die Naturheilkunde in den Fokus.
Wer gerne mehr über die Kneipp-Philosophie erfahren möchte, erhält in diesem Buch Informationen zu allen überlieferten Heilmethoden: Das große Kneipp-Buch: Fünf Säulen für ein gesundes und ausgeglichenes Leben