Seit 2009 ist es möglich, als Physiotherapeut die Weiterbildung zum Heilpraktiker auf dem Gebiet der Physiotherapie wahrzunehmen. Interessierte haben somit die Option, eine weitere Qualifikation zu erlangen und ihr Berufsfeld zu erweitern. Was es damit auf sich hat, welche Vorteile diese Berufskombination mit sich bringt und was das alles aus Sicht des Patienten bedeutet, erfährst du hier.
Was ist der Unterschied zwischen der Physiotherapie und der Heilpraxis?
Die Physiotherapie ist die Kombination aller aktiven und auch passiven Behandlungsmethoden, die in der Bewegungstherapie vorkommen. Hierin liegt die Hauptaufgabe. Sie umfasst sowohl präventive Maßnahmen wie die Vorbeugung von Beschwerden, als auch die kurative Behandlung von Krankheiten oder nach Unfällen, also so genannte Rehabilitationsaufgaben. Je nachdem, wie die Belastungsfähigkeit des Patienten zunimmt, wird schließlich auch die Intensität der Behandlungen erhöht. Zu den eingesetzten Methoden zählen die manuelle Therapie, Massagen sowie Elektro-, Hydro- und die Thermotherapie.
In der Heilpraxis hingegen werden Leiden, Beschwerden und Krankheitsbilder diagnostiziert, die durch ein Ungleichgewicht im seelischen und körperlichen Gesamtbild entstehen. Zu Beginn wird die Anamnese des Patienten ausführlich niedergeschrieben. Dies dient dazu, sich ein ausführliches Gesamtbild über die Lebensumstände des zu behandelnden Patienten zu machen. Schließlich geht es um die Stellung einer Diagnose, die mit den Methoden der Natur- und Volksheilkunde sowie der Alternativmedizin im Folgenden behandelt wird.
Wie kam es zu der Kombination der beiden Bereiche?
Beide Bereiche, sowohl die Physiotherapie als auch die Heilpraxis, umfassen mittlerweile so viele Behandlungs- und Therapiebereiche, dass sie in Kombination miteinander den wachsenden Anforderungen ihrer jeweiligen Patienten am besten gerecht werden können. Seit 2009 gibt es daher die Möglichkeit einer Fortbildung für Physiotherapeuten, um so auch den Bereich der Heilpraxis abdecken zu können. Dadurch gibt es mehr und mehr Praxen, die sich auf das Tätigkeitsfeld der "Heilpraxis beschränkt auf den Bereich der Physiotherapie" spezialisieren. Diese gemeinschaftliche Führung der Behandlungsmethoden ist der Grund dafür, dass sich für den Patienten eine lückenlose Behandlung ergibt.
Worin liegen die Vorteile einer Kombination dieser beiden Ausbildungen?
Die Kombination der beiden Ausbildungen Heilpraktiker und Physiotherapeut verschmilzt zwei wichtige, oft miteinander zusammenhängende Berufe zum sektoralen Heilpraktiker oder auch "Heilpraktiker beschränkt auf den Bereich der Physiotherapie". Damit haben staatlich anerkannte Physiotherapeuten seit 2009 die Möglichkeit, eine Zusatzqualifikation zu erwerben. Diese Zusatzqualifikation erleichtert sowohl dem praktizierenden sektoralen Heilpraktiker als auch den zugehörigen Patienten die weitere Zusammenarbeit ungemein.
Physiotherapeuten ohne Zusatzqualifikation benötigen eine ärztliche Diagnose und Verordnung, um den jeweiligen Patienten therapieren zu dürfen. Die sektoralen Heilpraktiker dürfen nun selbstständig diagnostizieren und sofort mit der Behandlung beginnen, ohne vorher auf eine ärztliche Anordnung warten zu müssen.
So ist eine individuelle Therapie möglich, die der sektorale Heilpraktiker für den Patienten ausarbeiten kann und die zeitnah beginnt. Lange Wartezeiten sind somit passé und der Patient hat die Möglichkeit, sofort seinen Physiotherapeuten des Vertrauens aufzusuchen.
Welche Vorteile hat die Kombination dieser beiden Ausbildungen für den sektoralen Heilpraktiker selbst?
Die Vorteile einer Kombination beider Ausbildungen für den sektoralen Heilpraktiker liegen auf der Hand. Er kann selbst einschätzen, welche Behandlung für den Patienten am besten ist und kann mit der Therapie direkt starten, ohne vorher auf eine ärztliche Anordnung warten zu müssen. Dadurch erlangt er mehr Selbstständigkeit und Freiraum in seinem eigenen Beruf. Zudem ist eine Kombination beider Berufe auch auf finanzieller Ebene eine lukrative Entwicklung, die mitgemacht werden kann, wenn man diese Chance richtig nutzt. Maßnahmen, die im Bereich der Heilpraxis durchgeführt werden, sind von der Umsatzsteuer befreit und werden somit ganz anders abgerechnet.
Der sektorale Heilpraktiker hat die Möglichkeit, die vielfältigen Behandlungsarten des Physiotherapeuten mit denen aus dem Bereich der Heilpraxis miteinander zu verschmelzen. Dadurch ergeben sich neue Ansatzpunkte in der Behandlung von Patienten, die auf beiden Seiten einen hohen Grad der Zufriedenheit mit sich bringen.
Ferner lässt sich durch die Kombination beider Berufe eine neue Zielgruppe generieren, da viele Menschen in der Vergangenheit zwar einen Physiotherapeuten gebraucht hätten, durch die damit verbundenen Arztgänge und langen Wartezeiten jedoch abgeschreckt wurden.
Welche Vorteile hat die Kombination dieser beiden Ausbildungen für den Patienten?
Bis September 2009 war es so, dass der Patient mit seinen Beschwerden zuerst einmal bei seinem jeweiligen Haus- oder Facharzt vorstellig werden musste.
Gerade beim Facharzt entstehen häufig lange Wartezeiten für eine Behandlung. Der Patient musste erst eine Diagnose durch den Arzt stellen lassen. Dies erfolgte in der Regel nach diagnostischen Untersuchungen, wie zum Beispiel der Anfertigung eines Röntgenbildes oder einer Computertomographie. Diese Untersuchungen können ebenfalls weitere wichtige Zeit in Anspruch nehmen, wenn der Patient dafür einen neuen Termin vereinbaren muss.
Erst nach der Diagnosestellung und der dazugehörigen ärztlichen Verordnung über den Einsatz von Physiotherapie war es dem Patienten nun möglich, einen Termin in einer Praxis für Physiotherapie auszumachen. Vorher bestand für den jeweiligen Physiotherapeuten keine Möglichkeit, schon mit der Behandlung zu beginnen. Dadurch konnte unnötig Zeit verstreichen, bevor der Patient die erste Therapiestunde erhielt.
In dieser Zeit war es somit durchaus möglich, dass sich das bisherige Leiden verschlimmert oder der Patient unnötig lange unter seinen Beschwerden leiden musste. Zudem war es so, dass die behandelnden Physiotherapeuten zwar ein umfassendes Behandlungsfeld abdecken konnten, gewisse Aspekte der Heilpraxis aber durchaus ebenso eine gewünschte Linderung hätten erzielen können und im Einklang miteinander den stetig wachsenden Anforderungen ihrer Patienten hätten gerecht werden können.
Seit dem Erlass des Bundesverwaltungsgerichtshof in Leipzig im Jahre 2009 fallen diese vielen Zwischenschritte nun vollkommen weg. Ein sektoraler Heilpraktiker ist nun selbstständig dazu in der Lage, eine Diagnose zu stellen, um dann lückenlos eine entsprechende Behandlung anzuschließen. Hierdurch fallen Wartezeiten weg, der Patient kann schon deutlich früher wieder in ein beschwerdefreies oder zumindest -gelindertes Leben zurückkehren und das Spektrum der jeweiligen Behandlungsmethoden hat sich deutlich vergrößert. Da die komplette Therapie individualisiert angepasst wird, richtet sich die Häufigkeit und Dauer der Behandlungsstunden nach der jeweiligen Diagnose und den Lebensumständen des Patienten.
Wie sieht es mit der Kostenübernahme bei der Behandlung durch einen sektoralen Heilpraktiker aus?
Leider ist es immer noch so, dass die Krankenkassen die Kosten für die Behandlung durch einen sektoralen Heilpraktiker immer noch nicht übernehmen. Bis heute übernehmen sie nur die Kosten für eine ärztlich verordnete Physiotherapie.
Anders verhält es sich bei Patienten, die privat versichert sind. Hier ist es so, dass die Rechnungen für die Behandlungen über die so genannte "Gebührenordnung der Heilpraktiker" erstellt werden und schließlich über die private Versicherung als Heilbehandlung abgerechnet werden können. Dies ist allerdings nur möglich, wenn die Versicherung auch Leistungen wie die des Heilpraktikers erstattet.
Bei manchen privaten Versicherungen gibt es zudem die eigene Sparte "Heilmittel". Ist dies der Fall, werden die Kosten der kombinierten Therapie eines sektoralen Heilpraktikers sogar zu 100% übernommen.
Wie sieht es mit der Übernahme der Kosten bei der Behandlung durch einen sektoralen Heilpraktiker aus, wenn du nicht privat versichert bist?
Wenn du durch eine gesetzliche Krankenkasse krankenversichert bist, ist es möglich, nach einer Zusatzversicherung zu fragen. Diese wird in der Regel monatlich mit einem geringen Betrag berechnet und enthält auf eigenen Wunsch auch die Abdeckung der Kosten bei einer Behandlung durch einen Heilpraktiker.
Der weitere Verlauf der Kostenübernahme erfolgt dann genau so wie bei einem privat versicherten Patienten.
Gibt es auch eine Kostenübernahme für gesetzlich versicherte Patienten ohne Zusatzversicherung, die durch einen sektoralen Heilpraktiker therapiert werden möchten?
Bei gesetzlich versicherten Patienten ohne Möglichkeit der Zusatzversicherung gibt es in seltenen Fällen die Möglichkeit, die Kosten für die Behandlung durch den sektoralen Heilpraktiker am Ende des Jahres mit dem Lohnsteuerjahresausgleich geltend zu machen und somit ganz oder zumindest teilweise erstattet zu bekommen. Hierbei wird die Rechnungsstellung deutlich vereinfacht. Um unnötige Kosten für den Patienten zu sparen, hält man den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich und erstellt lediglich eine Quittung. Diese Quittung enthält eine Aufstellung der erbrachten Leistungen und deren Kosten.
Fazit
Die berufliche Kombination der beiden Ausbildungen Heilpraktiker und Physiotherapeut bietet eine Vielzahl an Vorteilen. Sowohl der Patient als auch der sektorale Heilpraktiker können von den Vorzügen dieser beruflichen Kombination immens profitieren.
Während es für den Patienten in erster Linie zu einer deutlichen Zeitersparnis kommt und seine Beschwerden erheblich schneller behandelt werden können, geht es für den sektoralen Heilpraktiker vor allem um einen verbesserten finanziellen Aspekt, die Erschließung neuer Zielgruppen und die Erweiterung des bisherigen Tätigkeitsfeldes. Damit gehen eine Vergrößerung der eigenen Freiheiten im Bereich der Therapieanwendungen, mehr Möglichkeiten durch ein erheblich größeres Leistungsspektrum, aber auch eine höhere Zunahme der Verantwortung einher.
Gleichzeitig werden dem sektoralen Heilpraktiker aber auch mehr Fähigkeiten zugesprochen, da er nicht mehr von der Verordnung eines Haus- oder Facharztes abhängig ist. Er kann zu seinem Patienten von Beginn an ein engeres Verhältnis aufbauen und auf dieser Vertrauensbasis schließlich einen individuellen Behandlungsplan erstellen.
Für beide Parteien bietet sich die Möglichkeit, individueller miteinander zu arbeiten und von einem weniger bürokratischen Ablauf zu profitieren.