Den Begriff des „gebrochenen Herzens“ existiert schon seit Menschengedenken, gerade die Literatur und zu späteren Zeiten Filme und Fernsehsendungen sind voll davon. Als wirkliche Krankheit ist das gebrochene Herz allerdings erst seit Anfang der 90er-Jahre anerkannt, denn unser Herz kann wirklich vor Kummer krank werden.
Heute weiß man, dass etwa zwei Prozent aller Menschen, die mit einem Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert werden, eigentlich am sogenannten „Broken Heart Syndrom“ leiden, das in der Fachwelt auch unter dem Begriff „Tako-Tsubo-Kardiomyopathie“ bekannt ist.
Der Name beruht auf der nur bei dieser Erkrankung auftretenden und sehr auffälligen Veränderung der linken Herzkammer, die man bei der Untersuchung mit einem speziellen Herzultraschall oder einem Herzkatheter erkennen kann. Die Spitze des Herzens ist hierbei erweitert und ähnelt einem Ballon – dabei sieht sie aus wie die Tintenfischfalle „Tako-Tsubo“, die in Japan verwendet wird, was dem Syndrom seinen Namen eingebracht hat.
Wie wird das Broken Heart Syndrom ausgelöst und wie sehen die Symptome aus?
Das Broken Heart Syndrom entsteht durch eine akute Situation, die vom Betroffenen als existenziell bedrohlich empfunden wird. Die führt zu einer enormen Stressbelastung des Herzens.
In dieser Stresssituation ist das Herz nicht mehr dazu in der Lage, ausreichend Blut durch die Schlagadern zu befördern. Dies führt dazu, dass auf einem EKG die charakteristischen Ausschläge eines Herzinfarkts angezeigt werden, ebenso leiden die Patienten oft an Atemnot, einem Engegefühl in der Brust oder an Angstzuständen.
Was ist der Unterschied zu einem echten Herzinfarkt?
Bei einem „klassischen“ Infarkt kommt es zu einer Verengung oder komplettem Verschluss der Herzkranzgefäße, wodurch die Durchblutung gestört wird und eine lebensbedrohliche Situation entsteht. Beim Broken Heart Syndrom hingegen sind sie Herzkranzgefäße gesund und es besteht in der Regel keine Lebensgefahr, bei ungefähr einem Prozent der Patienten kann es jedoch zu schwereren Komplikationen kommen, die durch Herzrhythmusstörungen hervorgerufen werden.
Auch wenn die zugrunde liegenden Mechanismen des Broken Heart Syndrom noch nicht vollständig erforscht sind, ist eine Veränderung der linken Herzkammer deutlich sichtbar, von manchen Medizinern wird vermutet, dass diese durch die Verkrampfung der Herzkranzgefäße, auch Spasmus genannt, ausgelöst wird.
Was ist bei der Diagnose „Broken Heart Syndrom“ zu beachten?
Prinzipiell sollten Patienten mit Verdacht auf Broken Heart Syndrom genauso behandelt werden wie bei einem Verdacht auf einen normalen Herzinfarkt, d.h., sie sollten so schnell wie möglich nach der Diagnose in ein Krankenhaus eingewiesen werden und dort mit einem Herzkatheter untersucht werden.
Ebenfalls sollte der Frage nachgegangen werden, ob die Person sich in einer akuten Stresssituation befindet oder unter psychischen Problemen leidet, z. B. einer Anpassungsstörung oder Depression.
Wie sehen die Behandlungsmöglichkeiten aus?
Die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie ist in der Regel nach einigen Stunden vorüber und die ballonähnliche Vergrößerung der Herzspitze bildet sich normalerweise innerhalb von ein paar Wochen zurück. Dennoch sollten Betroffene zur Sicherheit und Nachbehandlung für einige Tage im Krankenhaus bleiben, falls erneut Beschwerden auftreten.
Zuständig für die Behandlung sind sowohl Kardiologen als auch Psychotherapeuten: während der Kardiologe sich um die akuten Beschwerden wie Herzrhythmusstörungen, zu hohen Blutdruck oder allgemeine Leistungsschwäche kümmert, ist es Aufgabe des Psychotherapeuten herauszufinden, ob eine kurze Therapie von einigen Stunden ausreichend ist oder ob der Patient eine längerfristige Behandlung benötigt, um das Risiko von erneuten Beschwerden zu minimieren.
Eine Standard-Therapie gibt es in diesen Fällen nicht, jeder Betroffene muss individuell behandelt werden. Dies macht es auch schwierig, eine konkrete Behandlungsdauer zu definieren.
Für die Behandlung akuter Beschwerden wird oft Aspirin zur Blutverdünnung eingesetzt, auch Calciumantagonisten können aufgrund ihrer krampflösenden Wirkung verwendet werden.
Befindet sich der Patient in einem akuten Erregungszustand, kann es in manchen Fällen auch hilfreich sein, ein Beruhigungsmitten (wie z. B. Benzodiazepine) zu verabreichen.
Sobald die akuten Beschwerden verschwunden sind, geht es in der Anschlussbehandlung darum herauszufinden, ob der Patient eine Psychotherapie benötigt, um beispielsweise mögliche depressive Störungen in den Griff zu bekommen.
Ob Antidepressiva eingesetzt werden sollten, muss von Fall zu Fall entschieden werden – diese sind für leichte Depressionen meist ungeeignet, bei schweren Fällen tragen sie oft zu einem Behandlungserfolg bei.
Besonders für eine Nachbehandlung geeignet sind Krankenhäuser mit psychokardiologischen Kompetenzen.
Das Broken Heart Syndrom wurde in der Vergangenheit oft unterschätzt, kann aber im Einzelfall genauso gefährliche Folgen haben wie ein Herzinfarkt. Aus diesem Grund empfehlen Experten, bei Symptomen wie Atemnot oder Brustschmerzen auf keinen Fall zu zögern und unter 112 einen Krankenwagen zu rufen – je früher Patienten unter Aufsicht eines Arztes stehen, desto höher sind auch die Chancen einer erfolgreichen Behandlung.
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