Mai 2020 | Lesezeit 3 Minuten
Hirnforschung: Wie sich Einsamkeit und Isolation auf den Hippocampus auswirken
Einsamkeit und das Fehlen äußerer Reize führen zu Schrumpfungsprozessen im Gehirn. Zu diesen Erkenntnissen führte ein Forschungsprojekt der Berliner Charité und des Max-Planck-Instituts (MPI) für Bildungsforschung. Die Forscher untersuchten hierzu in der Antarktis, wie sich längere Zeiten der Isolation, Dunkelheit und Kälte auf das Gehirn auswirken.
Dass es in der Antarktis jenseits des Polarkreises einsam ist, verwundert wohl die wenigsten. Doch wie wirken sich Isolation, Dunkelheit und kalte Temperaturen konkret auf die Funktionen des Gehirns aus?
Dieser Frage sind Forscher der Charité und des Max-Planck-Instituts nachgegangen und haben hierzu die Veränderungen im Gehirn von 9 Personen vor und nach einem 14-monatigen Aufenthaltes in der Antarktis untersucht.
Langfristge Einsamkeit und Isolation können massive Auswirkungen auf unsere Psyche haben.
Die Teilnehmer der Expedition hielten sich hierzu in der „Neumayer-Station-III“ des Alfred-Wegener-Instituts auf und hatten bis auf eine begrenzte Internetverbindung keinen Kontakt zur Außenwelt.
Vor und nach der Expedition wurden die Probanden mit einem 3-Tesla-Magnetresonanztomografen untersucht. Zusätzlich wurde während des Aufenthaltes mehrmals die Konzentration des Wachstumsfaktors BDNF („Brain-derived neurotrophic factor“) bestimmt.
Das Protein im Gehirn gilt sowohl als wichtiger Wachstumsstimulator von Nervenzellen als auch für die Bildung neuer Synapsen.
Zum Vergleich wurden dieselben Messungen bei 9 Personen durchgeführt, die nicht an der Expedition teilnahmen.
Hippocampus verkleinerte sich nach 14 Monaten Antarktis
Das Ergebnis: Der 14-monatige Aufenthalt in der Antarktis führte bei den Teilnehmern zu einem Schrumpfungsprozess des Hippocampus.
Der Hippocampus stellt dabei die Region im Gehirn dar, die für die Speicherung und Verarbeitung neuer Eindrücke und Erfahrungen im Gedächtnis zuständig ist.
Von der Schrumpfung besonders betroffen zeigte sich dabei der Gyrus dentatus, der die Eingangsregion des Hippocampus bildet und für die Festigung von Gedächtnisinhalten sowie das räumliche Denken wichtig ist.
Das Volumen des Gyrus dentatus hatte sich im Verlauf der 14 Monate um 7,2 Prozent verringert.
Weitere Regionen des Hippocampus, die sich verkleinert hatten waren die Unterfelder 1 bis 3 des Ammonshorns (Cornu ammonis), das Subiculum, der entorkinale Cortex und der Gyrus parahippocampus.
Hierbei zeigten sich jedoch keine signifikanten Differenzen zur Kontrollgruppe.
Dagegen zeigten sich deutliche Unterschiede bei der Messung des Wachstumsfaktors BDNF: Hier war die Konzentration bei den Teilnehmern in der Antarktis im Verlauf der dunklen Jahreszeit immer weiter abgefallen.
Erst als die Tage in den Monaten November und Dezember wieder länger wurden, stieg die Konzentration wieder an.
Räumliches Denkvermögen und selektive Aufmerksamkeit verändern sich bei Isolation und Dunkelheit
Dass sich der lange Aufenthalt in der Isolation und Dunkelheit auf das räumliche Denken und die sogenannte selektive Aufmerksamkeit auswirkt, zeigten auch zusätzlich durchgeführte Kognitionstests.
Die selektive Aufmerksamkeit spielt eine wichtige Rolle, um nicht relevante Informationen zu ignorieren und dient damit als Filtersystem für die kognitive Verarbeitung.
Die Forscher der Charité gehen davon aus, dass alle der eingetretenen Veränderungen bei den Teilnehmern reversibel sind, da das Hirn in den betroffenen Bereichen sehr anpassungsfähig sei.
Die Studie müsse zudem aufgrund der geringen Anzahl an Probanden mit Vorsicht interpretiert werden, doch hätten die gewonnenen Erkenntnisse frühere Beobachtungen aus tierexperimentellen Studien bestätigt.
Für die Forscher ist das Projekt dabei noch lange nicht abgeschlossen: Sie möchten vor allem noch herausfinden, warum einige Personen die Einsamkeit in der Antarktis besser verkrafteten als andere.
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