Mai 2020 | Lesezeit 3 Minuten
Aspirin – wird es dem Ruf eines natürlichen Blutverdünners gerecht?
Aktuelle Studien stellen die Wirkung von Aspirin als natürliches Präventionsmittel gegen Herzinfarkte und Schlaganfälle in Frage.
„Täglich eine Aspirin dämmt Kopfschmerzen ein und stärkt das Immunsystem!“
Diese oder ähnliche Sprüche hat fast jeder schon gehört und mancher von uns auch schon getestet. Ist die regelmäßige Einnahme als Prävention wirklich so unbedenklich?
Laut neuesten Studien deutet einiges darauf hin, dass bei der Einnahme von Aspirin erhebliche Nebenwirkungen auftreten können.
Die Geschichte rund um Aspirin
Gerade einmal 120 Jahre ist es her, dass der Konzern Bayer das Patent für einen neu entwickelten Wirkstoff eintragen lies: ASS, so lautet die kurze Bezeichnung für Acetylsalicylsäure.
Unter dem im Volksmund bekannten Namen Aspirin wurde das Mittel schnell zum Kassenschlager gegen Schmerzen aller Art. Noch heute bewerben Pharma-Großkonzerne Aspirin als das „Wundermedikament“ schlechthin.
Es soll bei Fieber, Kopfschmerzen oder Entzündungen aller Art helfen. Diverse Experten gingen lange davon aus, dass der Wirkstoff ASS sogar schwerwiegenden Krankheiten wie Schlaganfällen oder Herzerkrankungen vorbeugen kann.
Was ist richtig an dieser Annahme?
Fakt ist, dass dünnes Blut eine gute Vorsorge gegen entstehende Blutgerinnsel darstellt, was schließlich die Hauptursache für entstehende Herzinfarkte und Schlaganfälle ist. Die blutverdünnende Wirkung von ASS ist nicht von der Hand zu weisen.
Die Zahlen sprechen für sich
Ungefähr 50.000 Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr durch einen Herzinfarkt. Die Anzahl der Todesfälle aufgrund eines Schlaganfalls liegen mit ca. 60.000 pro Jahr noch höher.
Beide Krankheiten zählen damit zu den häufigsten Ursachen, die zum Tod führen. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass sich Ärzte mit dem Slogan „An aspirin a day keeps the doctor away”, für aktive Präventionsmaßnahmen gegen gefährliche Gefäßverschlüsse stark machen.
Weltweit haben bislang Millionen von gesunden Senioren Aspirin eingenommen, um sich vor Herzerkrankungen und Blutgerinnseln zu schützen.
Was ist dran am Mythos ASS, das vor Krankheiten mit Todesfolge schützen soll?
Australische Forschung über Aspirin
Die ASPREE-Studie zeigt neue Erkenntnisse, da das Medikament in diesem Rahmen umfassend getestet wurde. Die Tatsache, dass ASS auch Nebenwirkungen mit sich bringt, ist nicht neu.
In der australischen Studie wurde seit 2010 erforscht, ob sich der Gesundheitszustand von Probanden, die täglich 100 Milligramm Aspirin einnahmen, tatsächlich verbesserte. Unter anderem wurde überwacht, ob zukünftige Herz-Kreislauf-Ereignisse verhindert werden können.
Deshalb wurden ca. 20.000 ältere Menschen untersucht. Die Testpersonen brachten teilweise die Risikofaktoren zum Ausbruch von Herzinfarkt oder Schlaganfall mit, hatten jedoch noch keine dieser Erkrankungen erlebt.
Welche Faktoren waren für die Auswahl der Probanden ausschlaggebend?
Getestet wurde, ob hoher Blutdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Übergewicht oder Diabetes vorlagen.
Die Studie wurde folgendermaßen durchgeführt: Es wurden zwei Gruppen der Testpersonen erstellt. Eine Gruppe bekam täglich niedrig dosiert ASS, während die zweite Gruppe nur ein Placebo schluckte. Natürlich war in dieser Blindstudie nicht bekannt, wer das ASS und wer das Placebo einnahm.
Verblüffendes Ergebnis
Am Ende des Studienzeitraums war keinerlei Unterschied zu erkennen, ob die Menschen der Placebo-Gruppe mehr Herzinfarkte und Schlaganfälle erlitten als die Personen der ASS-Gruppe.
Somit konnten die Forscher keinerlei aussagekräftigen Nutzen der Behandlung mit Aspirin
nachweisen.
Allerdings waren die Nebenwirkungen der Vergleichsgruppe, die das Aspirin einnahmen, nicht von der Hand zu weisen: Teilweise erlitten in der ASS-Gruppe einige Personen schwerwiegende Blutungen im Magen-Darm-Bereich und sogar im Gehirn.
Dieses Ergebnis ist zum Beispiel für den Kardiologen Prof. Thomas Münzel (Uniklinik Mainz) wegweisend und elementar von Bedeutung. Es zeigt, dass die tägliche Einnahme von Aspirin gesunde Menschen nicht nachweislich vor Krankheiten mit Todesfolge schützen kann, die Patienten jedoch mit den Nebenwirkungen von ASS zu kämpfen haben.
Nebenwirkungen von Aspirin
Fest steht allemal, dass das Medikament erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringt. Das weiß auch Matthias Ebert von der Uniklinik Mannheim. „Aspirin ist ein Medikament, das die Bildung von speziellen Eiweißen im Magen und in der Schleimhaut des Darms hemmt“, erklärt der Arzt und Gastroenterologe.
Nach seiner Meinung brauchen die Menschen allerdings diese wertvollen Eiweiße, damit sich die Schleimhaut im Darm gut regenerieren kann. Wird die Produktion des Eiweißes gehemmt, können Defekte im Darmbereich entstehen.
Die Risiken von Aspirin sind also nicht von der Hand zu weisen.
Nachweislich wurde festgestellt, dass der blutverdünnende Effekt zu Verletzungen der Schleimhaut und zu schweren inneren Blutungen führen kann.
Blutungen im Darm entstehen vor allem dann, wenn über einen langen Zeitraum hinweg regelmäßig ASS eingenommen wird.
Die ASPREE-Studie zeigte außerdem, dass die regelmäßige Einnahme von Aspirin keinerlei positive Effekte gegen Darmkrebs vorweisen konnte. Ganz im Gegenteil: Der Ausbruch von Tumoren war nach der Einnahme von ASS sogar noch größer als bei der Behandlung ohne Aspirin.
Somit ist das Werbekonzept von Aspirin als „beste Prävention gegen Krebs“ in keinem Falle bestätigt worden.
Der Placebo-Effekt ist auch bei Aspirin nicht neu
An diesen Ergebnissen ist schnell erkennbar: Viele Medikamente bringen nachweislich nicht die Ergebnisse, die ihnen von Ärzten und Pharma-Industrie zugeschrieben werden.
„Glaube versetzt Berge“ - diesen Spruch kennen viele von uns. Auch bei Aspirin kann die Kraft des Glaubens, dass das Medikament hilft oder nicht, Berge versetzen. Allerdings sind entstehende Nebenwirkungen nicht von der Hand zu weisen.
Somit sollte es jedem Mediziner und letztendlich dem Patienten selbst überlassen werden, ob er Aspirin zur Prävention sein Vertrauen schenkt oder nicht.
Resümee
Durch die blutverdünnende Wirkung von ASS können Fieber, Kopfschmerzen und Entzündungen schnell situativ bekämpft werden. Allerdings sollte die regelmäßige Einnahme, über einen langen Zeitraum hinweg gründlich überdacht werden.
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