Die Alzheimer-Krankheit, auch „Morbus Alzheimer“ oder „Alzheimer-Demenz“ genannt, ist eine neurodegenerative Kondition, welche sich als schwerwiegende Form der Demenz bei Menschen im fortschreitenden Alter entwickeln kann.
Laut der World Health Organization (WHO) und Alzheimer Disease International (ADI) werden bis zum Jahr 2050 schätzungsweise 132 Millionen Patienten von der Krankheit betroffen sein.
Die steigenden Fallzahlen und die emotionale Belastung für Patienten und deren Angehörige sind zwei von vielen Gründen, welche eine bessere Aufklärung über die Erkrankung erforderlich machen.
Der nachfolgende Artikel handelt von den Ursachen und dem Krankheitsverlauf bis hin zur Behandlung und Prävention der Alzheimer-Demenz.
Morbus Alzheimer allgemein – fortschreitende Hirnleistungsschwäche
In einer Frankfurter Klinik untersuchte Alois Alzheimer 1901 eine Patientin, welche mit 51 Jahren an Gedächtnisverlust, Sprachstörungen und einer eingeschränkten Auffassungsgabe litt. Nach ihrem Tod wurde Alois Alzheimer das Zentralnervensystem der Frau zur Untersuchung bereitgestellt.
Daraufhin berichtete er im Jahr 1906 auf einer Fachschaftstagung „über einen eigenartigen, schweren Erkrankungsprozeß der Hirnrinde“ (1). Dies gilt als Erstbeschreibung der klinischen und pathologischen Merkmale der Hirnerkrankung, welcher nach seinem Tod die Bezeichnung „Alzheimer-Krankheit“ verliehen wurde.
Das übliche Krankheitsbild ist von Orientierungsstörungen, Gedächtnisschwund und einer generellen Störung der kognitiven Leistungsfähigkeit geprägt. Dies entspricht zwar den Demenzsymptomen, dennoch sind die Begriffe „Alzheimer“ und „Demenz“ keinesfalls als Synonyme zu gebrauchen.
Die Demenz umfasst über 50 verschiedene Arten von degenerativen Hirnerkrankungen. Die „Alzheimer-Demenz“ ist eine dieser Unterarten und betrifft mit über 60% aller Fälle den Großteil der Demenzpatienten.
Eiweißablagerungen und Nervenzellverlust – Die Ursachen
Neurobiologische Grundlagen
Trotz jahrzehntelanger Forschung liegen einige Aspekte der Alzheimer-Demenz noch immer im Dunkeln, doch mittlerweile herrscht zumindest ein grundlegendes Verständnis für potenzielle Ursachen, welche bereits Alois Alzheimer durch seine Beobachtungen vermutete.
Die degenerativen Veränderungen der geistigen Fähigkeiten basieren auf einer zunehmend schlechteren Kommunikation der verschiedenen Hirnareale. Im Verlauf von Morbus Alzheimer werden neuronale Synapsen geschädigt, was die normale temporale Koordination beschränkt. Aus diesem Grund gilt Alzheimer auch als ein disconnection syndrome (2), was mit Unterbrechungssyndrom zu übersetzen ist.
Die Ursache für das Absterben der Nervenzellen und der gerade benannten synaptischen Verbindungen stellen zwei Arten von Eiweißablagerungen im Hirn dar.
Alois Alzheimer wies bei der Sektion des Patientengehirns bereits die erste Form der Eiweißstückchen als Neurofibrillenbündel nach. Konkret beschreibt er die Anreicherung von besonders dicken Neurofibrillen, welche sich bündeln und an die Oberfläche der Zellen treten. Daraufhin zerfällt der Zellkern und wo vorher eine Ganglienzelle lokalisiert war, bleibt lediglich das Bündel aus Eiweißfilamenten zurück.
„Etwa [ein Viertel] bis [ein Drittel] aller Ganglienzellen der Hirnrinde zeigt solche Veränderungen. Zahlreiche Ganglienzellen, besonders in den oberen Zellschichten, sind ganz verschwunden.“, erläutert Alois Alzheimer in seinem Vortrag (1).
Die Neurofibrillen bestehen aus Tau-Protein. Bei der Alzheimer-Krankheit bindet dieses Protein Phosphatgruppen im Überschuss. Durch das gestörte chemische Gleichgewicht werden zelluläre Stoffwechselprozesse gestört, sodass die Zelle schließlich abstirbt.
Die zweite Form der Eiweißablagerungen wird als Plaques bezeichnet. Diese bestehen aus einem Amyloid-Kern, welcher von modifizierten, neuritischen Fortsätzen umgeben ist. Durch die Plaquebildung werden verschiedene Transmittersysteme der Nervenfaserbahnen unterbrochen, was die Signalübermittlung stört (3, 4). Durch die Ablagerung des Amyloids in den Blutgefäßen kann es zusätzlich zu einer Verschlechterung der Hirndurchblutung und des Glukosestoffwechsels kommen, sodass die Leistungsfähigkeit der Zellen weiter eingeschränkt wird (5).
Genetische Grundlagen
Die genetische Prädisposition ist in weniger als 3% der Alzheimer Fälle die alleinige Ursache, dennoch spielt die Familiengeschichte eine Rolle (6). Wenn also die Alzheimer-Krankheit bei Verwandtschaft des ersten Grades vorliegt, besteht ein vierfach höheres Risiko der Erkrankung im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt.
Aufgrund des autosomal dominanten Erbvorgangs genügt bereits die Vererbung eines mutierten Genes, damit es zum Ausbruch der Krankheit kommt. Auf den Chromosomen 14 und 1 sind dabei die Gene Präsenilin 1 und 2 ausschlaggebend, sowie ein Gen auf dem Chromosom 21, welches die Bildung des Amyloids der Plaques begünstigt.
Menschen, bei denen diese Gene in der Erbstruktur verankert sind, erkranken häufig schon bevor sie 60 Jahre alt werden (7).
Die Vielfalt der Symptome
Die präklinische Phase des Krankheitsverlaufs umfasst häufig ein bis zwei Jahrzehnte von Änderungen im Gehirn, bevor es überhaupt zur Ausprägung von Symptomen kommt.
Die kognitiven Symptome erscheinen spät im Fortschritt der Krankheit, weshalb die Diagnose oft erst im fortgeschrittenen Stadium erfolgt. Die synaptischen Verluste und das beginnende Absterben der Nervenzellen werden in der Regel erst dann deutlich, wenn die mentale Fitness bereits abnimmt. (10)
Zu den am häufigsten auftretenden Symptomen zählen episodischer Gedächtnisverlust, Sprachstörungen sowie ein eingeschränktes Urteils- und Denkvermögen. Die Ausprägung der Symptomatik ist sehr individuell und hängt vom Stadium der Erkrankung ab.
Die Alzheimer-Demenz Stadien
Während der Stufe der leichtgradigen Erkrankung ist vorrangig das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt. Betroffene haben Schwierigkeiten bei der Terminplanung oder der Auffassung von Gesprächsinhalten. Neue Orte verursachen in dieser Phase häufig Orientierungsschwierigkeiten. Besonders frustrierend ist dies für den Patienten, da die Gedächtnislücken bewusst wahrgenommen werden. Das eigene Unvermögen, sich an kürzliche Situationen zu erinnern, verursacht Scham, Trauer oder Wut, dennoch bleibt die grundlegende Alltagstauglichkeit erhalten.
Vor dem Hintergrund einer mittelschweren Alzheimer-Demenz werden die Betroffenen zunehmend abhängiger von ihren Mitmenschen. Aufgaben wie die Körperpflege, das Einkaufen oder die Haushaltstätigkeiten beziehen zunehmend Verwandte oder Pflegekräfte mit ein. Dies ist besonders belastend für Angehörige, da auch das Langzeitgedächtnis langsam verblasst. Die eigene Hochzeit, der Tod von Familienmitgliedern und ähnliches geraten in Vergessenheit.
Letztendlich ist die fortgeschrittene Phase der schweren Alzheimer-Demenz von einem intensiven Abbau der geistigen Kompetenzen geprägt. Die Muskeln werden zunehmend schwächer, sodass oft Hilfe beim Gehen, Aufstehen etc. benötigt wird. Das Immunsystem wird schwächer, was das Risiko von Infektionskrankheiten erhöht. Dies gilt als die häufigste Todesursache in Fällen von Morbus Alzheimer. Die Alzheimer-Erkrankung ist an sich keine Todesursache.
Risikofaktoren und Alzheimer Prävention
Unabhängig davon, ob eine genetische Prädisposition für die Alzheimer-Demenz vorliegt oder nicht, besteht im fortschreitenden Alter ein allgemein hohes Erkrankungsrisiko.
Da es bis heute keine universale Heilung für die neurodegenerative Krankheit gibt, zielt ein Großteil der aktuellen Studien auf die Erforschung von vorbeugenden Maßnahmen ab.
Im folgenden Abschnitt werden Risikofaktoren vorgestellt und wie man mit diesen im Sinne der Alzheimer Prävention umgehen sollte.
Diabetes Typ 2
Entscheidend für die Korrelation zwischen der Alzheimer-Krankheit und Diabetes ist die Insulinresistenz. Bei einem Diabetiker des Typs 2 wird das Hormon Insulin von den Körperzellen weniger gut aufgenommen. Ein Mangel an Insulin bedeutet, dass den Zellen weniger Energie bereit steht. Folglich werden der Zellstoffwechsel und das gesunde Wachstum gehemmt, was die Ganglienzellen zusätzlich schwächt und anfällig für die Belastung durch Eiweißablagerungen macht. Die Funktion der Nervenzellen wird somit gestört, was zur verschlechterten synaptischen Kommunikation führt und somit den Verfall der mentalen Kompetenzen beschleunigt.
Die Verminderung des Risikos liegt ebenso wie die generelle Empfehlung für Diabetiker in der ausgewogenen Ernährung und regelmäßigen körperlichen Aktivität. (8)
Übergewicht
Bei Übergewicht oder Adipositas besteht ebenfalls ein erhöhtes Risiko, später an Morbus Alzheimer zu erkranken. Ähnlich wie beim vorangegangenen Aspekt entsteht eine Belastung der Nervenzellen aufgrund mangelnder Energiezufuhr. Die Ursache liegt hier in der Plaquebildung innerhalb der Blutgefäße. Der Nähr- und Sauerstofftransport über den Blutkreislauf wird daher gemindert, wodurch es den Zellen an wichtigen Ausgangsstoffen für die zellulären Stoffwechselprozesse mangelt. (9)
Durch gezielten Ausdauersport und eine Ernährungsumstellung besteht die Möglichkeit, diesen Effekt umzukehren und somit die Herz-Kreislauf-Gesundheit wieder zu verbessern.
Weitere Präventionsmaßnahmen beziehen sich auf eine umfassend ausgeglichene und gesunde Lebensweise. Durch kontinuierliche geistige Aktivität bleiben synaptische Verbindungen intakt und erhalten somit die graue Hirnsubstanz. Dieser Faktor ist zwar weniger ausschlaggebend als die körperliche Fitness oder die Ernährung, aber schaden wird es prinzipiell nicht.
Da Menschen ab 65 und in den darauffolgenden Jahren als besonders gefährdet gelten ist es außerdem wichtig, den Körper nicht unnötig durch Rauchen oder übermäßigen Alkoholkonsum zu belasten.
Grundlegend gilt, dass eine allgemeine Achtsamkeit bezüglich der mentalen und physischen Fitness das Alzheimerrisiko mindert.
Behandlung der Alzheimer-Krankheit
Als Therapiemethode kann im Fall der Alzheimer-Demenz auf pharmazeutische oder nicht-medikamentöse Behandlungen zurückgegriffen werden. Eine Kombination beider Behandlungen ist empfehlenswert, da in den Therapien verschiedene gesundheitsförderliche Aspekte behandelt wurden - diese können dem Abbau der geistigen und körperlichen Fähigkeiten entgegenwirken. Es ist laut dem bisherigen Stand der Forschung allerdings nicht möglich, die gesundheitsschädlichen Ursachen umzukehren.
Die medikamentöse Therapie bezieht sich auf die Auswirkungen der Eiweißablagerungen im Hirn. Dadurch wird die Konzentration wichtiger Neurotransmitter verändert, sodass ein Mangel an Acetylcholin und ein Überschuss an Glutamat entsteht. Durch das medikamentöse Ausgleichen der chemischen Botenstoffe werden Symptome eines fortgeschrittenen Stadiums um bis zu ein Jahr verzögert.
Da die Einnahme von Cholinesterase-Hemmern oder Glutamat Antagonisten Nebenwirkungen mit sich bringen kann, existieren zudem nicht-medikamentöse Behandlungsformen. Dabei dient gezieltes kognitives Training für den Erhalt von Aufmerksamkeit, Denk- und Erinnerungsvermögen. Die Logopädie zielt auf das Sprachtraining ab und die Physiotherapie ergänzt die Behandlung um den Erhalt der Mobilität.
Als neurodegenerative Kondition ist die Alzheimer-Krankheit ein schweres Los für viele Menschen im höheren Alter und deren Angehörige. Durch gezielte Studien und ein zunehmendes neurobiologisches Verständnis wird ständig nach neuen Präventions-, Diagnostik und Behandlungsmethoden geforscht. Vereine und Organisationen leisten Aufklärungsarbeit und Unterstützung, sodass an einer gemeinsamen Bewältigung der steigenden Fallzahlen ständig weitergearbeitet wird.
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Quellen:
(1) Alzheimer, Alois: Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde. Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medizin 64. Bd. (1907) S. 146 -148
(2) Kinsella GJ, Ong B, Storey E, Wallace J, Hester R. Elaborated spaced-retrieval and prospective memory in mild Alzheimer’s disease. Neuropsycholgical Rehabilitation 2007; 17(6): 688-706
(3) Prof. Dr. Thomas Arendt, Die neurobiologischen Grundlagen der Alzheimer-Krankheit. Informationsblatt der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (1999) S. 1,2
(4) K. Maurer, R. Ihl, L. Frölich: Alzheimer: Grundlagen, Diagnostik, Therapie. Springer-Verlag, 2013, Seite 56
(5) ebd. Seite 58
(6) Prof. Dr. med. Ulrich Müller, Prof. Dr. med. Lars Bertram. Die Genetik der Alzheimer-Krankheit. Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V.Selbsthilfe Demenz, Berlin 2016 S. 1
(7) ebd. S. 2
(8) Prof. Dr. Christian Hölscher, Überraschende Verbindung zwischen Alzheimer und Diabetes Typ 2. Alzheimer Gesellschaft München e.V. 2016
(9) Vgl. W.L. Xu, A.R. Atti, M. Gatz, Midlife overweight and obesity increase late-life dementia risk. A population-based twin study. 2011 (https://n.neurology.org/content/76/18/1568.abstract)
(10) Dementia: A public health priority. Washington, DC: PAHO 2013